Nie wieder Lohne: So dachte Stephanie Neumann, als sie fürs Studium die Heimat verließ. Jetzt lebt sie mit ihrer Familie doch wieder hier. Auch ihr Mann, ein Hamburger Jung‘, genießt das Leben auf dem Land.
Der kleine Hannes schiebt die Feuerwehrautos über den Küchentisch. „Das ist ein Löschgruppenfahrzeug“, sagt der Sechsjährige und zeigt auf eins der Modelle. Hannes liebt die Feuerwehr. Und wenn sie in Brockdorf zu Einsätzen gerufen wird, bekommt der Junge es fast als Erster mit. Denn er wohnt mit seiner Familie nur wenige Meter vom Feuerwehrhaus entfernt. Feuerwehr, Sportverein, Schützenkompanie, Landjugend und Nachbarschaften –in Brockdorf sind solche Gruppen die Stützen des gesellschaftlichen Lebens. Wer Hilfe braucht, dem wird schnell und unkompliziert zur Hand gegangen. Das ist ein Vorzug des Landlebens, den auch Familie Neumann schätzt.
Es ist auch einer der Gründe, warum sie im Jahr 2013 aus Hamburg ins Oldenburger Münsterland zog. Seit 2015 wohnen die Neumanns in Brockdorf. Dort hat Stephanie Neumann, geborene Barlage, ihre Kindheit verbracht. Zurück in die alte Heimat? Vor einigen Jahren wäre das für die 39-Jährige noch unvorstellbar gewesen. Damals ist sie froh, der Kleinstadt Lohne zu entfliehen: „Ich wollte was anderes sehen.“ Und wenn raus, dann richtig. Von Brockdorf in die Großstadt, in Hamburgs angesagten Stadtteil Eppendorf. Dort lernt sie ihren späteren Ehemann Stefan kennen.
Der 39-Jährige ist in und um Hamburg groß geworden. „Meine Mutter ist wirklich überzeugte Ur-Hamburgerin“, erklärt Stefan. Trotzdem sind seine Eltern später – als der Nachwuchs da war – ins ländlichere Umland gezogen. Vielleicht ein Vorbild für Stefan? Als die ersten Freunde Familien gründeten und aufs Land zogen sind, denken sich Stephanie und Stefan: „Das geht gar nicht.“ Das kulturelle Angebot, der Puls der Großstadt und das ganz typische Flair von Hamburg war für die beiden zu verlockend. Das änderte sich 2010. Stefan legte ein Sabbatjahr ein und reiste durch Südamerika. „Ich habe da gemerkt, dass mir Städte nicht so viel geben. Ich bin lieber in der Natur.“
„Hier halten alle zusammen und packen an.“
Stephanie Neumann
Und so versuchten es die Neumanns mit einem Leben auf dem Land. Anders als die Freunde ganz ohne Kinder zogen sie in eine Wohnung in Lohne. „Wir wollten das Leben dort erst einmal ausprobieren“, erinnert sich Stephanie Neumann. „Schließlich war es gerade für Stefan ein Riesenschritt.“ Sein Hobby half ihm, in Lohne anzukommen. Er ist ambitionierter Triathlet und schloss sich der Gruppe im TuS Blau-Weiß Lohne an. Darüber hinaus fand der Informatiker schnell einen neuen Job. Heute ist er Geschäftsführer der Firma „1, 2, 3 erfasst“.
Nach der Geburt ihres ersten Kindes Hannes im Jahr 2014 reifte der Plan, auf Stephanies elterlichen Hof in Brockdorf zu ziehen. Dort lebte ihre Mutter Hedwig Barlage nach dem Tod ihres Mannes allein. 2015 bauten die Neumanns das Elternhaus um. Hedwig zog in die neue Anliegerwohnung. Für Sohn Hannes und seine zwei Jahre jüngere Schwester Ella sei dies paradiesisch, berichtet Stephanie Neumann. „Hinter dem Haus bietet der Hof jede Menge Platz zum Spielen und zum Erkunden, und Oma Hedwig, die Platt mit den Kindern spricht, wohnt direkt nebenan“, schwärmt die Brockdorferin.
Der Ur-Brockdofer ist ein sehr hilfsbereiter Mensch,
Stephanie Neumann
wenn auch manchmal etwas stur in seinen Ansichten.
Mutter Hedwig freut sich darüber, die Enkelkinder heranwachsen zu sehen. „Und wir als Eltern freuen uns über den Mehrgenerationenhaushalt – eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten“, finden die Neumanns. Es ist nicht nur die Wohnlage, die die Neumanns zu großen Fans ihrer Bauerschaft machen. „Hier halten alle zusammen und packen an, wenn es etwas zu erledigen gibt“, sagt die Brockdorferin. „Der Ur-Brockdorfer ist ein sehr hilfsbereiter, traditionsverbundener und zupackender Mensch, wenn auch manchmal etwas stur in seinen Ansichten.“ Weitere Vorteil: Die Wege zur Schule und zum Kindergarten sind kurz, die Freunde wohnen um die Ecke, und Ausflugsziele wie der Waldspielplatz auf der Rehwiese sind schnell erreicht. „Für unseren aktuellen Lebensabschnitt ist das hier ideal“, sagt der Familienvater.
Selbst beruflich hat Stephanie Neumann mittlerweile an ihre alte Heimat anknüpfen können. Als das Paar von Hamburg nach Lohne kam, hat die Pädagogin ihren Dienst an der Grundschule Rüschendorf aufgenommen – von der Brennpunktschule in die Dorfschule. Mittlerweile hat sie sich nach Brockdorf versetzen lassen. Daneben arbeitet sie als Dozentin an der Universität in Vechta am Institut für Sportwissenschaften und betreut die Studierenden im praktischen Semester. Ob sie irgendwann wieder in eine große Stadt ziehen, lassen beide offen. „Vorstellen kann ich es mir schon“, sagt Stefan Neumann. Es komme auch darauf an, wohin es später die Kinder verschlage. „Vielleicht ziehen wir dann einfach hinterher“, sagt er. „Und wenn es Hamburg wird, ist es eh eine Überlegung wert.“